Besonders für benachteiligte Jugendliche mit erhöhtem Förderbedarf werden Zugänge zu Arbeit und Ausbildung erschwert.
Bild: Pamela-Moore
Arbeitsmarktpolitik
Benachteiligte Jugendliche und Langzeitarbeitslose nicht im Stich lassen
Wir fordern Politik und Gesellschaft auf, alles zu tun, damit sozial nicht integrierte und am Arbeitsmarkt besonders benachteiligte Menschen die Integrationshilfen erhalten, die sie brauchen. Durch die geplanten drastischen Kürzungen in der Arbeitsmarktförderung wird ihnen die Chance auf Integration und berufliche Perspektiven genommen.
Allein die Bundesagentur für Arbeit soll 17 Milliarden Euro einsparen. Arbeitsagenturen und Jobcenter haben weniger Fördermittel zur Verfügung. Davon betroffen sind bereits heute insbesondere diejenigen Arbeitssuchenden, die auf Förderung am dringendsten angewiesen sind. Diakonische und kirchliche Beratungsstellen, Beschäftigungsinitiativen und Jugendwerkstätten können sich immer weniger um die Menschen kümmern, die ohne Hilfe keinen Zugang auf dem Arbeitsmarkt erhalten. Damit steht nicht nur die Existenz der Einrichtungen auf dem Spiel, sondern auch die nachhaltige Integration der benachteiligten Menschen.
Die Reform der arbeitsmarktpolitischen Instrumente verschlechtert die Eingliederungschancen von Menschen mit Vermittlungshemmnissen wesentlich. Für sie gibt es weniger Weiterbildungsmaßnahmen, weniger Betreuung und weniger Qualifizierung. Für benachteiligte Jugendliche mit erhöhtem Förderbedarf werden Zugänge zu Arbeit und Ausbildung erschwert oder sogar unmöglich, wenn die Zusammenarbeit der Sozialleistungsträger nicht obligatorisch wird und entsprechend passende Förderinstrumente fehlen. Was nützen freie Lehrstellen, wenn Jugendliche teils gar nicht in der Lage sind, eine Lehrstelle anzutreten – z.B. wegen fehlender Schulabschlüsse oder fehlender sozialer Kompetenzen? Wir befürchten, dass die verbleibenden Mittel auf leichter Vermittelbare konzentriert und ein Großteil der Langzeitarbeitslosen ausgegrenzt werden. Damit werden Millionen von Menschen aufs Abstellgleis geschoben.
Viele Menschen im SGB-II-Bezug konnten am Aufschwung nicht teilhaben. Sie brauchen die bewährten Integrationshilfen wie Beschäftigungsbetriebe, Sozialkaufhäuser und Jugendwerkstätten, um wieder erste Schritte in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung gehen zu können.
23.02.2016
ELKB
Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern tritt deshalb dafür ein,
● dem sozialstaatlichen Auftrag der Arbeitsmarktpolitik gerecht zu werden und geeignete Förderinstrumente für alle Arbeitssuchenden bereit zu stellen
● die Arbeitsförderung nicht als bloßen Kostenfaktor, sondern als Zukunftsinvestition zu begreifen
● den Rechtsanspruch aller Arbeitssuchenden auf passende Qualifizierung und Beratung einzulösen
● eine Kooperationsnorm für die Sozialleistungsträger zu beschließen, damit passgenaue Förderinstrumente für benachteiligte Jugendliche geschaffen werden können
● besonders für Menschen mit erschwertem Zugang zum Arbeitsmarkt dauerhaft geförderte Beschäftigungsmöglichkeiten bereit zu stellen
● geförderte Beschäftigung an den Kriterien guter Arbeit auszurichten: Nur wenn sie arbeitsvertraglich geregelt, sozialversicherungspflichtig, freiwillig und auskömmlich ist, ermöglicht sie Teilhabe.
Die Würde des Menschen ist untrennbar mit dem Partizipationsrecht am gesamten gesellschaftlichen Leben verbunden. Damit bleiben Politik und Gesellschaft in ihrer Verantwortung für die vom Arbeitsmarkt bisher ausgeschlossenen Menschen und müssen sich für deren Teilhabe einsetzen.
Kirche und Diakonie werden sich ihrerseits auch weiterhin - z.B. durch die Aktion 1+1 oder auch durch die zahlreichen Projekte für Langzeitarbeitslose - im eigenen Bereich nach Kräften dafür einsetzen, benachteiligten Menschen neue Perspektiven zu eröffnen.“
Rosenheim, 24. November 2011