Ein Film von Elke Zimmermann (epv)

Schwerpunkt: Präventionsgesetz

Aktiv gegen sexualisierte Gewalt

Einstimmig hat die Synode ein Gesetz zur „Prävention, Intervention, Hilfe und Aufarbeitung im Hinblick auf sexualisierte Gewalt“ beschlossen, das ein klares Vorgehen der ELKB gegen Missbrauch regelt.

Schon bei der Einbringung am Montag Abend war das Gesetz auf große Resonanz der Synodalen gestoßen. Oberkirchenrat Nikolaus Blum und die Beauftragte für Chancengerechtigkeit, Barbara Pühl, hatten die Gesetzesvorlage einfühlsam eingebracht. Das Gesetz konfrontiere mit der „dunklen Seite kirchlicher Realität“, erklärte Blum. Auch in der bayerischen Landeskirche habe es Fälle von Missbrauch gegeben und gebe es leider immer noch. „Es fällt uns allen schwer, mit diesen Fällen umzugehen.“ Dennoch müssten sie um der Betroffenen und der kirchlichen Glaubwürdigkeit willen sowohl individuell als auch institutionell aufgearbeitet werden.
 

"Was zerstört wird, wenn solche Taten im kirchlichen Umfeld geschehen, ist nicht nur das Vertrauen in einzelne Menschen, es ist das Vertrauen in das schützende und behütende Umfeld von Kirche, - und damit auch das Vertrauen in die heilbringende Botschaft von Jesus Christus."

Oberkirchenrat Nikolaus Blum

Es seien nicht allein die Taten und die daraus entstandenen tiefen Verletzungen, die den Umgang mit diesem Thema so quälend mache, so Blum, sondern weitere verhängnisvolle Begleitumstände: „das Schweigen aller Beteiligten und der komplette Verlust menschlichen Vertrauens". Nicht nur die Täter, auch Betroffene und Menschen in ihrem Umfeld schwiegen in der Regel – die einen aus Scham oder fälschlichen Schuldgefühlen, die anderen, weil sie Anzeichen nicht verstehen könnten, Unangenehmes vermeiden wollten „oder weil sie einfach nicht die Worte finden, um darüber zu reden. Diese Mauer des Schweigens muss durchbrochen werden“, forderte Blum. Verschwiegener Missbrauch brächte neuen Missbrauch hervor. Es sei Aufgabe der Menschlichkeit, dies zu unterbinden.

Engagiert brachten Oberkirchenrat Nikolaus Blum und Barbara Pühl das Präventionsgesetz ein. Hier die Aufzeichnung aus dem Livestream.

Gesamtgesellschaftlich, aber auch in der Kirche sei in den vergangenen Jahren einiges geschehen, berichtete die landeskirchliche Beauftragte für Chancengerechtigkeit, Barbara Pühl. Trotzdem bliebe eine Menge zu tun, um die Mauern des Schweigens zu durchbrechen. Es bräuchte sichere Räume, in denen angstfrei und vertraulich gesprochen werden könne, wie die Beratungsstellen der Diakonie oder - schon seit über 20 Jahren - die Ansprechstelle der Landeskirche. Das allein genüge jedoch nicht. Betroffene bräuchten Schutz in staatlichen oder kirchlichen Verfahren durch rechtsanwaltliche oder therapeutische Begleitung und Hilfe durch finanzielle Leistungen.

Verantwortlicher Umgang schließe aber auch den Blick auf die eigene Institution ein. „Wer will, dass Menschen, die ins Vertrauen gezogen werden, oder Verantwortliche nicht schweigen, sondern handeln, muss sie unterstützen, dies auch kompetent zu tun.“ Deswegen umfasse der Gesetzesentwurf neben einer Meldepflicht auch die Beratung im richtigen Umgang mit Vorfällen sexualisierter Gewalt. Nacharbeit und eine wirkliche Aufarbeitung des Geschehenen seien wichtige Bestandteile des Gesetzes. Gleichzeitig richte die ELKB den Blick nach vorn: Risikoanalysen, Schutzkonzepte und Schulungen zum Thema sollten zu einem grundlegenden Bestandteil der Kirche werden – „in allen Bereichen und auf allen Ebenen“.

Viele der in dem Entwurf beschriebenen Regelungen würden schon lange in der ELKB praktiziert, betonte Blum, der auch Mitglied des Beauftragtenrats zum Schutz vor sexualisierter Gewalt der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ist. Für den Oberkirchenrat ist das Gesetz dennoch wichtig. Damit gebe es eine „klare und eindeutige Rechtsgrundlage für den Umgang mit dem Thema sexualisierte Gewalt hier in der bayerischen Landeskirche“, die gleichermaßen für Kirche und Diakonie gelte: "Wir sind sehr froh, dass sich auch die Diakonie in vollem Umfang dieses Gesetz zu eigen macht."

Was steht in dem Gesetz?

Grundsätzlich gehöre gegenseitiger Respekt und grenzachtende Kommunikation zum kirchlichen und diakonischen Selbstverständnis, heißt es in dem Gesetz. Es sei es Aufgabe aller Träger, sexualisierte Gewalt vorzubeugen und zu verhindern, Verdachtsfälle aufzuklären, auf Fälle von sexualisierter Gewalt angemessen und wirksam zu reagieren, Betroffenen von Missbrauch in der Kirche Unterstützung zu gewähren und Ursachen sexualisierter Gewalt in geeigneter Weise aufzuarbeiten.

Folgende Bereiche umfasst der Gesetzesentwurf:

 

Ansprechstelle

Eine Frau erläutert einer anderen einen Flyer.,© ELKB/unit4

Bild: ELKB/unit4

Das Gesetz umfasst Vorsichtsmaßnahmen und Voraussetzungen für die Seelsorge und die Arbeit mit Minderjährigen in Kirche und Diakonie. Außerdem wird der Unterhalt und die Arbeitsweise einer Ansprechstelle geregelt, die von sexualisierter Gewalt Betroffene bei der Klärung ihrer Situation und ihrer Handlungsmöglichkeiten unterstützt.

Aufgaben einer Meldestelle

Barbara Pühl am Portal des Landeskirchenamts,© ELKB/unit4

Bild: ELKB/unit4

Auch die Einrichtung und die Aufgaben einer Meldestelle werden in dem Gesetzesentwurf festgelegt. Die Meldestelle berät Träger beim Umgang mit Verdachtsfällen und gewährleistet, dass die für dienst-, arbeits- und strafrechtliche Maßnahmen zuständigen kirchlichen, diakonischen und staatlichen Stellen eingebunden werden. Das Gesetz verpflichtet Mitarbeitende, sich bei begründetem Verdacht unverzüglich dort zu melden.  Dies gelte nicht für dem Seelsorgegeheimnis unterliegende Sachverhalte.

Schutzkonzepte entwickeln

Eine Mitarbeiterin der Fachstelle bei einer Präsentation,© ELKB/unit4

Bild: ELKB/unit4

Weiterhin beinhaltet das Gesetz ein Rahmenschutzkonzept und die Verpflichtung von Trägern, individuelle Schutzkonzepte für ihre Einrichtungen zu erarbeiten, in denen insbesondere Zuständigkeiten, Maßnahmen zu Prävention, Schulung und Sensibilisierung sowie der Umgang mit Verdachtsfällen und Maßnahmen der Intervention festgelegt sind.

Anerkennung von Leid

Eine Mitarbeiterin der Fachstelle berät am Telefon,© ELKB/unit4

Bild: ELKB/unit4

Sowohl individuelle als auch institutionelle Aufarbeitung sind in dem Gesetzesentwurf festgelegt. Das bedeutet einerseits, dass Betroffene, die im Kindes- und Jugendalter sexualisierte Gewalt durch Mitarbeitende von Kirche oder Diakonie erfahren haben, unter bestimmten Umständen eine Unterstützung durch die Gewährung von finanziellen Leistungen in Anerkennung des erlittenen Leids erhalten können. Andererseits bedeutet es, dass die ELKB und das Diakonische Werk Bayern die Ursachen und Erscheinungsformen sexualisierter Gewalt in ihrem Verantwortungsbereich umfassend in systematischer und wissenschaftlicher Weise aufarbeiten.

Eine Frau erläutert einer anderen einen Flyer.,© ELKB/unit4

Bild: ELKB/unit4

Ansprechstelle

Das Gesetz umfasst Vorsichtsmaßnahmen und Voraussetzungen für die Seelsorge und die Arbeit mit Minderjährigen in Kirche und Diakonie. Außerdem wird der Unterhalt und die Arbeitsweise einer Ansprechstelle geregelt, die von sexualisierter Gewalt Betroffene bei der Klärung ihrer Situation und ihrer Handlungsmöglichkeiten unterstützt.

Barbara Pühl am Portal des Landeskirchenamts,© ELKB/unit4

Bild: ELKB/unit4

Aufgaben einer Meldestelle

Auch die Einrichtung und die Aufgaben einer Meldestelle werden in dem Gesetzesentwurf festgelegt. Die Meldestelle berät Träger beim Umgang mit Verdachtsfällen und gewährleistet, dass die für dienst-, arbeits- und strafrechtliche Maßnahmen zuständigen kirchlichen, diakonischen und staatlichen Stellen eingebunden werden. Das Gesetz verpflichtet Mitarbeitende, sich bei begründetem Verdacht unverzüglich dort zu melden.  Dies gelte nicht für dem Seelsorgegeheimnis unterliegende Sachverhalte.

Eine Mitarbeiterin der Fachstelle bei einer Präsentation,© ELKB/unit4

Bild: ELKB/unit4

Schutzkonzepte entwickeln

Weiterhin beinhaltet das Gesetz ein Rahmenschutzkonzept und die Verpflichtung von Trägern, individuelle Schutzkonzepte für ihre Einrichtungen zu erarbeiten, in denen insbesondere Zuständigkeiten, Maßnahmen zu Prävention, Schulung und Sensibilisierung sowie der Umgang mit Verdachtsfällen und Maßnahmen der Intervention festgelegt sind.

Eine Mitarbeiterin der Fachstelle berät am Telefon,© ELKB/unit4

Bild: ELKB/unit4

Anerkennung von Leid

Sowohl individuelle als auch institutionelle Aufarbeitung sind in dem Gesetzesentwurf festgelegt. Das bedeutet einerseits, dass Betroffene, die im Kindes- und Jugendalter sexualisierte Gewalt durch Mitarbeitende von Kirche oder Diakonie erfahren haben, unter bestimmten Umständen eine Unterstützung durch die Gewährung von finanziellen Leistungen in Anerkennung des erlittenen Leids erhalten können. Andererseits bedeutet es, dass die ELKB und das Diakonische Werk Bayern die Ursachen und Erscheinungsformen sexualisierter Gewalt in ihrem Verantwortungsbereich umfassend in systematischer und wissenschaftlicher Weise aufarbeiten.

Dennoch sei dieses Gesetz keine kleine Aufgabe, so Pühl. „Wir werden auch daran gemessen werden, wie wir es schaffen, das Gesetz umzusetzen.“ Nach dem einstimmigen Beschluss bedankte sich Oberkirchenrat Nikolaus Blum herzlich bei den Synodalen. "Das ist ein tolles Zeichen für unsere Landeskirche, ein Zeichen in die Öffentlichkeit, dass wir es in der ELKB wirklich ernst nehmen mit dem Schutz vor sexualisierter Gewalt und Missbrauch." Es sei aber auch ein gutes Zeichen für die Betroffenen, deren Nöte die Landeskirche sehr ernst nehme. 

20.11.2020
Anne Lüters