PArtnerschaft mit Tansanie - ein Film von Axel Mölkner-Kappl

Schwerpunktthema

Kirche #inbewegung

Unter Trommelklängen und Jubel wurden auf der Frühjahrstagung drei Partnerschaftsverträge der ELKB unterzeichnet. Dem vorausgegangen war ein Thementag #inBewegung, auf dem der Reichtum der internationalen Beziehungen der Landeskirche deutlich wurde.

Bunte Farben, laute Trommelklänge und fröhlicher Gesang – auf der Frühjahrstagung der Landessynode drehte sich viel um die internationalen Beziehungen der Landessynode. Schon die Morgenandacht des Präsidenten der CILCA (Gemeinschaft der Lutherischen Kirchen in Zentralamerika), Pfarrer Rolando Ortez aus Honduras, stimmte mit schwungvoller Musik und kraftvollen Worten auf den Thementag  „inBewegung“ ein. Ortez berichtete den Synodalen, was Evangelium in Bewegung in Lateinamerika bedeutete:  lange Wege zu den Gemeinden, oft durch unwegsames Gelände, über Flüsse, durch Gebiete der gefährlichen Jugendbanden. Ja, Evangelisation bedeute, aus der eigenen Komfortzone herauszugehen, sich zu bewegen, sich schmutzig zu machen.

Was können wir von Christinnen und Christen in den Partnerkirchen lernen? Fragen an Sr. Nicole Grochowina.

Eine Kirche in Bewegung verneine die Realität von Schrecklichem, von Krieg, Hunger, Gewalt und Katastrophen nicht. Deswegen bedeute die Verkündigung des Evangeliums auch, das Schlechte anzuprangern. Die Kirche erhebe dann ihre prophetische Stimme, wenn sie die Botschaft des Heils verkündige und gleichzeitig das anklage, was diese frohe Botschaft verstelle und was im Argen liege: all das, was töte und Gewalt schüre. Kirche sei Kirche bei den Menschen. Heute würde Jesus seiner Kirche vermutlich zurufen: „Verbindet Euch miteinander! Setzt euch mit der Vielfalt der Menschen in Beziehung: Teilt mit ihnen Schmerzen, Träume, Hoffnungen und Liebe!

Die evangelische Kirche sei „ganz Kirche, aber sie ist nicht die ganze Kirche“, leitete Sr. Nicole Grochowina in den Thementag ein. „Wir sind eingebettet in eine Gemeinschaft, die uns bei weitem übersteigt“.  Es sei eine Weggemeinschaft, die von Begegnungen und gemeinsamem diakonischen Engagement, aber auch Herausforderungen erzählen könne. Es sei eine Gemeinschaft von Menschen, die aufeinander angewiesen seien. Sie lebe von der Bewegung, davon, miteinander unterwegs zu sein – bisweilen auch in den Schuhen des anderen - und seine Erfahrungen zu teilen. Deswegen sei es gut, über den eigenen Tellerrand zu schauen.

Partnerschaft aus postkolonialer Perspektive

In ihrem Impulsreferat sprach Kirchenpräsidentin Pfarrerin Silvia Beatrice Genz über die Ursprünge der Evangelischen Kirche Lutherischen Bekenntnisses in Brasilien (IECLB), die 2024 ihr 200-jähriges Bestehen feiert und berichtete über den Weg von einer deutschsprachigen Einwandererkirche, die in Brasilien nur toleriert war und die überwiegend von Laien in Bewegung gehalten wurde, hin zu einer „Kirche Jesu Christi in Brasilien“, die heute über 700.000 Mitglieder hat und sich auch für die indigene Bevölkerung Brasiliens einsetzt. „Was bedeutet Partnerschaft zwischen Kirchen aus heutiger postkolonialer Perspektive?“, fragte Genz in ihrem Impuls. Die Partnerschaften der Kirchen seien wie ein Netzwerk: unterschiedliche Perspektiven vernetzt durch Dialoge, gegenseitige Hilfe, das gemeinsame Gebet, Bibellesen und ein starkes Zeichen in einer gespaltenen Welt. „Partnerschaft macht uns stark, dass wir nein sagen können, dort, wo das Leben bedroht ist.“

Voneinander lernen

Dennoch gebe es sowohl im Süden wie im Norden koloniales Denken, so Genz – auch in den Kirchen. In der Lebensweise der meisten Menschen sei die Vorstellung noch sehr präsent, dass das, was aus dem Norden stammt, überlegen sei. Zeichen des Wandels erkenne sie dort, wo man den Dialog auf Augenhöhe suche, „ohne dabei die unterschiedlichen Realitäten und die Komplexität der Prozesse dieses Dialogs zu vergessen“, wo man in Partnerschaften kontextbezogen über die Bibel spreche, sich über den Glauben austausche und bereit sei, voneinander zu lernen, selbst bei Konflikten. Genz ermahnte dazu, die nordzentrische Logik in Theologie und Bibelauslegung zu verlernen und die Bibel aus dem Blickwinkel der am Rande Stehenden und Vernachlässigten zu durchdenken.

Die Partnerkirchen in der CILCA

Ein buntes Podium

Die vielfältigen Erfahrungen in der kirchlichen Partnerschaftsarbeit zeigte eine Talkrunde mit Christinnen und Christen aus ganz unterschiedlichen Kontexten: Der leitende Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Tansania (ELCT), Dr. Fredrick Shoo, von 1988 bis 1992 Stipendiat bei dem damaligen Missionswerk (heute Mission EineWelt) in Neuendettelsau, berichtete von seiner ersten Begegnung mit deutschen Gottesdiensten. Dass sie von so wenigen Menschen besucht wurden, sei für ihn ein Schock gewesen. „Das waren fast nur Senioren.“ Beeindruckt sei er von dem partnerschaftlichen Engagement der bayerischen Landeskirche und dem Glauben, zu einer weltweiten Kirche zu gehören, so Shoo.

Seine Komfortzone verlassen

Irgendwann müsse man seine Komfortzone verlassen, erklärte Joel Broderson, Freiwilliger bei Mission EineWelt und verband seine Erzählung von seinem Freiwilligendienst in Papua-Neuguinea mit dem dringenden Appell an die Synode, sich nachhaltig für den Klimaschutz einzusetzen. Er habe gesehen, wie sehr der Klimawandel das Leben der Menschen in Papua-Neuguinea jetzt schon beeinflusse. Und Pfarrer Christian Schmidt berichtete von seinem Einsatz in der Seemannsmission in Singapur. Dort sei er gefragt worden, wieso er das mache. Er, der weiße Europäer, könne doch so viel anderes tun. „Wenn man da anfängt, über den Glauben zu sprechen – dann hat man ein ganz offenes Ohr.“ Schmidt erzählte von traumatisierten Seeleuten, von Heimweh, der Suche nach einer Orgel in Singapur, von einer Weihnachtsbaumaktion im Hafen und davon, wie sich immer wieder ganz langsam Türen öffneten. Und er schloss mit dem Aufruf: „Liebe Landessynode, jede Stelle, die direkt bei den Menschen ist, ist ihr Geld wert.“

Die PArtnerkirche in Tansania - ein Film von Axel Mölkner-Kappl

Ein Gaststatus reicht nicht

Kritische Worte fand Dr. Aguswati Hildebrand-Rambe. Zusammen mit ihrem Mann hat die gebürtige Indonesierin die ELKB-Fachstelle für interkulturelle Öffnung und die Arbeit mit evangelischen Gemeinden unterschiedlicher Sprache und Herkunft aufgebaut. Sie wisse, was es bedeute, in der Fremde Heimat zu suchen und in Deutschland Fremdheitserfahrungen zu machen – wie so viele der Kirchenmitglieder mit Migrationshintergrund. In einem Land zu Gast zu sein, sei eine sehr ambivalente Erfahrung, so Hildebrand-Rambe. Das habe sie erlebt, als sie versuchte, in Deutschland als Pfarrerin Fuß zu fassen. Einbringen konnte sie sich nur in ihrem Status als Gast aus der Ökumene. „Gastsein ist nicht falsch", betonte die Pfarrerin. "Ich darf tanzen, singen und trommeln – aber für ein Mitglied der Kirche ist das zu wenig. Gastsein kann auch bedeuten, einen Platz zugewiesen zu bekommen und von Teilhabemöglichkeiten ausgeschlossen zu werden.“ Erst nach ihrer Promotion habe sie sich getraut, sich auf eine Stelle in der ELKB zu bewerben. In der ELKB lebten Menschen aus 180 Ländern. Sie könne man nicht nur als Gäste behandeln, sondern als Mitgestalter*innen der Kirche. „Meine Kirche ist schon längst keine monokulturelle Kirche mehr. Wir sind eine Communio von Menschen aus 180 Nationen – das betrifft 400.00 Mitglieder. Wie betrachten wir diese Menschen? Sind wir immer noch im Denkmuster „Wir und die anderen“ oder wollen wir dieses Denkmuster überwinden und sagen: „Die sind Teil dieses Wir.“?"

Weiterarbeit in Workshops

Am Nachmittag arbeiteten die Synodalen in verschiedenen Workshops weiter: „Singen mit dem Tansania Kwaya“,„Kirche – Religion – Entwicklungszusammenarbeit“, „Den Riesen wecken“, „Gemeinde fair und nachhaltig“, „Kirche als interkulturelle Lerngemeinschaft“, „Jung in der weltweiten Kirche“, „Gemeinsam in einem Boot“, „Differenzen und Spannungen in kirchlichen Partnerschaften“.

Unterzeichnug der PArtnerschaftsverträge: Landesbischof Heinrich Bedfod-Strohm, Bischof Fredrik Shoo sowie Kirchenpräsidentin Silvia Beatrice Genz (Brasilien) und Kirchenpräsident Rolando Antonio Ortez Martinez (CILCA, im Hintergrund)

Bild: ELKB/mck

Unterzeichnug der PArtnerschaftsverträge: Landesbischof Heinrich Bedfod-Strohm, Bischof Fredrik Shoo sowie Kirchenpräsidentin Silvia Beatrice Genz (Brasilien) und Kirchenpräsident Rolando Antonio Ortez Martinez (CILCA, im Hintergrund)

24.03.2023
Anne Lüters

Höhepunkt: Die Unterzeichnung

Mit Gejauchze und schwungvollen Rhythmen wurde die Unterzeichnung der drei Partnerschaftsverträge eingeleitet: Der Partnerschaftsvertag mit der Gemeinschaft der lutherischen Kirchen in Zentralamerika (CILCA), der Dreiervertrag zwischen der ELKB, der CILCA und der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Brasilien sowie der Vertrag mit der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Tansania.

“Wir haben heute eine Vernetzung gefeiert und dass wir Hoffnung, Frieden und Gerechtigkeit von unserem Herrn Jesus Christus weit und breit verkündigen“, freute sich die brasilianische Kirchenpräsidentin Genz. Er danke Gott „für diese wunderbaren Momente, die angefüllt waren mit Freude, Traurigkeit und Begegnungen“, so Rolando Ortez. Hier seien Entscheidungen von höchster Wichtigkeit getroffen worden. „Denn sie versprechen uns eine verheißungsvolle Zukunft und ermöglichen es uns schon jetzt, starke Schritte zu gehen.“ "Ich bin überglücklich über das, was jetzt passiert ist“, freute sich der tansanische Bischof Fredrick Shoo. „Das ist ein Zeichen, dass wir zusammengehören als eine Kirche Gottes weltweit. Möge Gott uns den Mut geben, wirklich auf Augenhöhe miteinander zu sprechen.“

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