Ein Film von Axel Mölkner-Kappl
Corona-Pandemie
Folgen der Pandemie für Kinder und Jugend
Die evangelische Kirche will ihr Augenmerk intensiv auf Kinder und Jugendliche richten. Das zeigten die Berichte von Synodalpräsidentin Annekathrin Preidel und Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm sowie die Aussprache der Landessynode. Junge Menschen treffe die Pandemie hart - gerade in der Schule, schilderte Preidel in ihrer Begrüßungsrede die Situation. Viele klinkten sich aus, würden abgehängt und nähmen Schaden an Leib und Seele. Weder in der Kirche noch in Sport- oder Musikvereinen sei Jugendarbeit derzeit möglich. Synodalpräsidentin Annekathrin Preidel: „Junge Menschen - immerhin 25 Prozent unserer Kirchenmitglieder! - haben keine eigene Lobby. Ich würde mir wünschen, wenn wir uns auch als Synode in dieser verletzlichen Zeit zum Fürsprecher für Kinder und Jugendliche machen und Initiativen entwickeln und Initiative ergreifen."
Bedford-Strohm: Einschränkungen dürfen nicht zu dauerhaften Schäden führen
Auch der Landesbischof wies eindrücklich auf die Situation der Kinder und Jugendlichen in Zeiten von Corona hin. Zurecht habe sich die Gesellschaft zunächst auf den Schutz der verletzlichen und stark geforderten Menschen konzentriert - ältere Menschen und Menschen in Pflegeberufen. Doch jetzt müsse man besonders auf die jungen Menschen achten. Laut einer aktuellen Studie zeige fast jedes dritte Kind in Deutschland psychische Auffälligkeiten.
Allen verlange diese Zeit viel ab, so der Landesbischof. Aber ein Pandemie-Jahr im Leben eines jungen Menschen fühle sich viel länger und intensiver an als im Leben eines älteren. „Es ist unsere Aufgabe als Erwachsene und als christliche Gemeinschaft, alles in unserer Macht Stehende zu tun, dass die notwendig gewordenen Einschränkungen des Aktionsradius und die damit verbundenen Verunsicherungen für Kinder und Jugendliche nicht zu dauerhaften inneren Schäden führen, sondern im besten Falle Kräfte wecken, die ihnen für ihr Leben wichtige Resilienzgrundlagen mitgeben.“ Bedford-Strohm wies auf die Leistungen von kirchlicher Jugendarbeit, Diakonie und Jugendsozialarbeit an Schulen hin, die aber auch zunehmend an ihre Grenzen gerieten.
Kinder und Jugendliche bräuchten auch Schutzräume außerhalb ihrer Familien und Lernräume außerhalb der Schule, so Bedford-Strohm. Zudem würden durch die Pandemie soziale Unterschiede besonders sichtbar. Alle, besonders aber benachteiligte junge Menschen, bräuchten die Chance, verpassten Lernstoff nachzuholen. Dazu leiste Kirche gerne einen Beitrag.
Besonders die Gruppe der 12- bis 16jährigen, die seit Monaten keine realen Begegnungsmöglichkeiten hätten, bräuchten Austausch und Aussprache jenseits der Schule. Er freue sich, dass seit dem 15. März Konfi- und Jugendarbeit wieder eingeschränkt möglich sei, betonte der Landesbischof und ermutigte die Gemeinden, dort, wo es die Inzidenzwerte zuließen, Gemeindehäuser und Jugendräume wieder umsichtig für Jugendliche zu öffnen.
Was bedeutet die Pandemie für Jugendarbeit? Lisa, Noah und Hanna aus Freising erzählen, wie sie die Zeit erleben. Ein Film von Axel Mölkner-Kapp
Auch in der Aussprache zu den Berichten nahm die Situation von Kindern und Jugendlichen breiten Raum ein: Zahlreiche Synodalen äußerten ihre Sorge um den seelischen Zustand der jungen Menschen und berichteten von eigenen Erfahrungen in Schule und Jugendarbeit. „Alarmierend“ nannte der Vorsitzende des Ausschusses Bildung, Erziehung, Jugend (BEJ), Michael Renner, die Situation. „Denn wenn die Kinder und Jugendlichen leiden, leiden die Familien mit.“ Kinder würden in der Schule abgehängt und teiweise von ihren Eltern von der Schule genommen. Im Religionsunterricht höre er von der Sehnsucht der Mädchen und Jungen nach ihren Freundinnen und Freunden. Eindringlich forderte Renner dazu auf, Kindern und Jugendlichen eine Stimme zu geben. „Denn sie haben keine Lobby.“ Auch die Eltern seien an der Belastungsgrenze, betonte Synodale Lisa Huster.
Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm erklärte erneut, die Kirche wolle sich zur Anwältin benachteiligter Jugendlicher machen und sie unterstützen. Aber es müsse für diese Bemühungen auch Mittel vom Staat geben. Einerseits gehe es um wirtschaftliche Unterstützung, es müsse aber auch alles getan werden, um den „Ruin der Seelen zu verhindern“. Dabei müsse auch an den außerschulischen Bereich gedacht werden. Gerade für Jugendliche sei das physische Zusammenkommen extrem wichtig. „Deinen ersten Kuss kannst du nicht digital bekommen“, spitzte der Landesbischof das Problem zu.
23.03.2021
Anne Lüters