Die Jakobuskirche in Pullach

Vorbildlich in Sachen Klimaschutz: Die Jakobuskirche Pullach nutzt für die Wärmeerzeugung das Geothermienetz der Kommune. Die weiteren Meilensteine: neue Dämmung für Kirchendach und -fenster, Umstellung auf Naturstrom, Kirchenbeleuchtung mittels LED.

Bild: Susanne Schröder

Schwerpunkt: Klimaschutzgesetz

Auf dem Weg zur CO2-Neutralität

Bis 2035 müssen die Gemeinden der evangelischen Landeskirche in Bayern 90 Prozent ihrer CO2-Emissionen einsparen. Komplett klimaneutral will man bis 2045 sein - so steht es im Klimagesetz, über das die Synode bei ihrer Tagung in Coburg beschließt.

Nur 4,6 Tonnen pro Jahr: Die Jakobuskirche in Pullach bei München hat in Sachen CO2-Reduktion schon Erhebliches geleistet. Die Voraussetzungen für den Spitzenwert sind bei den Protestanten im Isartal günstig: 2008 hat die Gemeinde ihre Gasheizung gegen Wärme aus 4.000 Meter Tiefe eingetauscht, indem sie das Geothermienetz der Kommune nutzt. „Der CO2-Ausstoß ist dadurch wesentlich gesunken“, sagt der Umweltbeauftragte Konrad Petersen. Die weiteren Meilensteine: neue Dämmung für Kirchendach und -fenster, Umstellung auf Naturstrom, Kirchenbeleuchtung mittels LED. Mehr geht gerade nicht: Projekte wie eine Photovoltaikanlage sind zurückgestellt, weil sie sich derzeit nicht lohnen. „Vielleicht in fünf oder zehn Jahren“, sagt Petersen.

Klimaneutral bis 2045

75.400 Tonnen Treibhausgase (THG) hat die Landeskirche im Jahr 2018 emittiert. 89 Prozent davon entfallen auf den Gebäudebereich, rund 11 Prozent auf die Mobilität der Mitarbeitenden. Bislang war Klimaschutz für die 1.530 Gemeinden und kirchlichen Einrichtungen freiwillig, jetzt wird er Pflicht: Bis 2035 müssen die Emissionen runter auf 10 Prozent - so steht es im Gesetzentwurf, über den die Landessynode bei ihrer Frühjahrstagung in Coburg beschließt. 2045 soll die ELKB dann komplett klimaneutral arbeiten. Damit folgen die bayerischen Protestanten dem Zeitplan, den die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) für ihre Gliedkirchen vorgegeben hat.

Derzeit tragen - wie die Jakobuskirche Pullach - gut 200 Gemeinden und Einrichtungen das Siegel des Grünen Gockels im Namen. Dahinter verbirgt sich ein umfangreiches Umweltmanagementsystem, das vom Putzmittel bis zur Kirchenheizung alle Bereiche unter die Lupe nimmt. Der Gockel ist in Sachen Klimaschutz in der Landeskirche quasi der Goldstandard. Er verlangt eine ausführliche Dokumentation aller Verbräuche, die in das „Grüne Datenkonto“ der Landeskirche eingepflegt werden.

Umweltreferent Schürger: "Wir müssen schneller werden!"

Für Umweltreferent Wolfgang Schürger ist das Konzept nach wie vor „der beste Weg, die eigenen Umweltauswirkungen zu erkennen und dann auch wirksam gegenzusteuern“. Mit Blick auf den straffen Zeitplan bis 2035 ist für ihn auch klar: „Wir müssen schneller werden!“ Ein detaillierter Fahrplan ist dem Klimagesetz angegliedert; er soll die nötige Geschwindigkeit in den Prozess bringen.

Der entscheidende Faktor auf dem Weg zur Klimaneutralität sind die kirchlichen Gebäude. Deshalb schauen die Verantwortlichen in den Dekanaten genau, welche Immobilien künftig - auch angesichts der sinkenden Mitgliedszahlen - noch gebraucht werden. Etwa 50 Prozent der Gemeindezentren, Pfarrhäuser, Kirchen könnten bis 2035 aufgegeben werden.

Der Rest muss energetisch auf den neuesten Stand kommen. Dazu baut die Landeskirche laut Schürger einen „Turbo“ ins neue Klimagesetz: Sobald es in Kraft tritt, ist der Einbau von Heizungen mit fossilen Energieträgern verboten. Darüber hinaus müssen alle Gemeinden und Einrichtungen schnellstmöglich auf zertifizierten Naturstrom umstellen.

"Ein Riesensprung nach vorn"

Die Offenbarungskirche, 1997 eine der ersten Gockel-Gemeinden Münchens, wird mit den neuen Vorgaben keine Schwierigkeiten haben. Knapp hundert Jahre hatte das alte Gemeinde- und Pfarrhaus auf dem Buckel, seit Jahren gab es Probleme mit Schimmel, schlechter Isolation und mangelnder Barrierefreiheit. Jetzt wird neu gebaut - ein vierstöckiges Niedrig-Energiehaus mit Wärmepumpe und Photovoltaik auf dem Flachdach, das genau wie die Fassade begrünt sein wird. Der Strom der Anlage beheizt das Gebäude mittels Grundwasser-Wärmepumpe und versorgt Gemeinderäume, Pfarrbüro, Dienstwohnung und die Wohngruppen für Menschen mit Epilepsie, die die Diakonie München auf zwei Stockwerken betreibt, mit Strom. Auch für die Ladestationen für E-Autos, die gerade im Gespräch sind, reicht es noch, bevor der Reststrom ins Münchner Netz eingespeist wird.

Für die Klimabilanz der Gemeinde ist der Neubau „ein weiterer Riesensprung nach vorn“, sagt der Umweltbeauftragte, Matthias Brandstätter. Doch das nächste Großprojekt wartet schon: Bis 2045 muss die Gemeinde dem neuen Gesetz zufolge die Gasheizung der Kirche austauschen. Brandstätter ist in dem Punkt pragmatisch. Er kann sich vorstellen, mit beheizbaren Sitzpolstern und Heizplatten rund um die Orgel zu arbeiten. Vielleicht müssen sich auch die Kirchenbesucher wärmer anziehen: „Unsere katholische Nachbarkirche ist 250 Jahre alt und hat gar keine Heizung“, sagt der Diplom-Physiker: „Das funktioniert auch.“

18.04.2024
Susanne Schröder (epd)