Thementag Klimaschutz der Landessynode - ein Film von Axel Mölkner-Kappl

Klimaschutzgesetz beschlossen

Ins Handeln kommen

Mit überwältigender Mehrheit wurde auf der Frühjahrstagung der Landessynode in Coburg das Klimaschutzgesetz der Landeskirche beschlossen.

Langanhaltender Applaus ging durch die Synode,  als das Ergebnis bekannt gegeben wurde: 80 von 81 Stimmen – bei einer Enthaltung, Oberkirchenrat Stefan Blumtritt bezeichnete dies als ein fast sozialistisches Ergebnis. Sichtlich froh bedankte er sich bei allen, die das Gesetz ermöglicht hatten – ob in den Gemeinden, Dekanaten oder im Landeskirchenamt. „Jetzt kommen die nächsten Schritte“, so Blumtritt. „Sie werden uns vom Diskutieren ins Handeln bringen."

Auf ihrem Thementag am Dienstag hatte sich die Landessynode mit den Folgen des Klimawandels und dem Klimaschutz beschäftigt: Zunächst gab Oberkirchenrat Stefan Blumtritt einen Überblick über die bisherigen Bemühungen um den Klimaschutz. So seien die beiden Kirchen im Januar 2007 der Bayerischen Klimaallianz von Staatsregierung und Bund Naturschutz als nächste Partner beigetreten. „Wir wissen viel und tun wenig“, habe die Synode auf ihrer Frühjahrstagung in Bad Windsheim festgestellt, und ein Wort "Mit Energie für gutes Klima" verabschiedet, in dem sie den Gemeinden empfahl, das Umweltmanagementsystem „Grüner Gockel“ einzuführen. Außerdem etablierte sie die Koordinationsstelle Umweltmanagement. Mittlerweile hätten über 200 Kirchengemeinden den grünen Gockel eingeführt, berichtete Blumtritt. Und das zahle sich aus: 5000 Euro Betriebskosten könnte eine Kirchengemeinde durchschnittlich einsparen.

Ein weiterer Schritt sei 2019 die Einführung des Integrierten Klimaschutzgesetzes gewesen, das einen Beitrag zu den Pariser Klimazielen leisten sollte. Dieses beinhalte unter anderem 22 empfohlene Maßnahmen für Kirchengemeinden und Einrichtungen und die Anstellung von zwei Klimaschutzmanagern, die Kirchengemeinden und Einrichtungen auf dem Weg zu mehr Klimaschutz beraten. Trotz aller bisherigen Maßnahmen, gestand Blumtritt ein, hätten sich die Emissionen gegenüber 2018 nur um drei Prozent verringert – eine ernüchternde Bilanz. „So schaffen wir das Klimaziel nicht!“ Der Grund: Maßnahmen, die mit Investitionen verbunden sind, seien nur selten umgesetzt worden. Darum, so Blumtritt: „Nur mit Freiwilligkeit schaffen wir Klimaneutralität nicht.“ Es brauche das Klimaschutzgesetz und einen Klimaschutzfahrplan.

"Ein ambitioniertes Ziel"

Drastisch berichtete Harald Kunstmann, Lehrstuhl Regionales Klima und Hydrologie an der Universität Augsburg, von den Folgen des Klimawandels und zeigte auf, welch große Auswirkungen nur 0,5 Grad Erderwärmung auf das Ökosystem haben werden. Das 1,5 Grad Ziel sei aus seiner Sicht nicht mehr zu schaffen, so Kunstmann „Aber es ist absolut wert, auch danach alles zu tun.“ Es gehe darum, alle 0,1 Grad über das 1,5 Grad Ziel hinaus „mehr und mehr in den Griff zu bekommen". Als „sehr ambitioniert" bezeichnete Kunstmann den Entwurf des Klimaschutzgesetzes, das die Synode auf dieser Tagung beschließen wolle. Bis 2035 auf zehn Prozent der Emissionen von 2023 zu kommen, „das ist wirklich stark"!

Das bedürfe einer großen Anstrengung. „Sie haben einen Fahrplan – und dass sie diesen Fahrplan haben, empfinde ich persönlich als sehr stark.“ Kirchengemeinden und Einzelpersonen könnten viel tun, betonte der Referent, beispielsweise auf Fernreisen zu verzichten. „Mit zwei mal acht Stunden Flug mache ich meine ganze Fahrradbilanz von 30 Jahren kaputt.“ Der Klimaforscher betonte die biblische Verantwortung der Kirchen beim Klimaschutz. Die Kirchen seien - inklusive ihrer Sozialwerke - der zweitgrößte Arbeitgeber in Deutschland. Allein die evangelische Kirche in Bayern und die Diakonie hätten deutlich mehr Beschäftigte als beispielsweise Audi. Kunstmann verwies darauf, dass „Klimawissenschaft keine Glaubenssache“, sondern Physik sei. Man wisse seit vielen Dekaden, wie das Treibhausgas CO2 wirke. Deshalb seien neue Klimaschutzgesetze wie das der Landeskirche wichtig.

 „Was unterstützt uns darin, Veränderung zu wagen und zu gestalten? Was habe ich dazu aus diesem Tag mitgenommen?“ fragte Micha Götz, Multimediaredakteur im Campus Kommunikation, am Ende des Thementags ein buntes Podium mit Harald Kunstmann, Joachim Pietzcker, Vorsitzender des Finanzausschusses der Landessynode, mit dem Referenten für Umwelt und Klima, Wolfgang Schürger, Synodaler Paula Tiggemann, Landesbischof Christian Kopp und Kirsten Köhn vom Green Deal Coburg. Alle unterstützen die Einführung des Gesetzes.

Klimaneutral bis 2045

Mit dem Gesetz folgt die Landeskirche der Richtlinie der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) zur Erreichung der Netto-Treibhausgasneutralität aus dem Jahr 2022. Klimaschutz war für die 1.530 Gemeinden und die kirchlichen Einrichtungen bislang freiwillig. Die Frühjahrstagung der bayerischen Synodalen erhebt ihn zur Pflicht: Wenn sie das Klimaschutzgesetz am Donnerstag beschließen, tritt es am 1. Juli 2024 in Kraft. Das sind die Eckdaten:

Bis zum Jahr 2035 müssen alle kirchlichen Einrichtungen, Gemeinden und Dekanate ihre Treibhausgas (THG)-Emissionen um 90 Prozent senken. Als Vergleichswert gilt dabei der Ausstoß, der zum Stichtag 1. Januar 2023 ermittelt wurde.

Von 2035 bis 2045 müssen die kirchlichen Rechtsträger ihre Emissionen jedes Jahr um einen weiteren Prozentpunkt drücken, „sodass mit Ende des Jahres 2045 Netto-Treibhausgasneutralität gewährleistet ist“, wie es im Gesetzentwurf heißt. Dabei sollen ab 2036 auch Technologien zur CO2-Kompensation zum Zuge kommen, die zu diesem Zeitpunkt ökologisch sinnvoll sind.

Um Reduktionsziele zu erreichen, flankiert ein „Klimaschutzfahrplan“ das Gesetz. Dieser Maßnahmenplan soll regelmäßig überprüft und bei Bedarf angepasst werden. Dafür reicht unter bestimmten Voraussetzungen ein Beschluss des Landeskirchenrats.

Paragraph 5  schreibt fest, dass auf den Einbau neuer Heizungsanlagen mit fossilen Brennstoffen oder den Anschluss an Versorgungsnetze auf fossiler Grundlage „zu verzichten“ ist. Zulässig sind per Gesetz ausschließlich klimaverträgliche Technologien „nach dem jeweils aktuellen Stand der Technik“, wie derzeit Wärmepumpen, Solarthermie und Fernwärme aus erneuerbarer Energie. Außerdem schreibt das Gesetz vor, dass fossile Heizungen bis spätestens 31. Dezember 2045 ausgetauscht sein müssen.

Elektrische Energie soll in den Gebäuden der bayerischen Protestanten künftig nur noch aus erneuerbaren Quellen stammen, und zwar am besten sofort: „Bestehende Stromlieferungsverträge sind zum nächstmöglichen Zeitpunkt entsprechend umzustellen“, heißt es im Gesetz.

Dienstreisen müssen künftig mit der Bahn, den öffentlichen Verkehrsmitteln, dem Rad oder dem E-Auto zurückgelegt werden. Inlands- und Kurzstreckenflüge - darunter fällt laut Fluggastrechteverordnung der EU jede Distanz bis 1.500 Kilometer - sind von Haus aus tabu. Um Emissionen bei der Mobilität einzusparen, dient per Gesetz auch mobiles Arbeiten.

Beim Einkauf bekommen ökologisch zertifizierte Produkte und solche aus regionalem oder fairem Handel den Vorzug. Tierische Produkte sollen „grundsätzlich“ aus einer Haltungsform mit „möglichst hoher Stufe des Tierwohls“ stammen. Eine fleischlose Alternative ist bei Gemeinschaftsverpflegung künftig Pflicht.

Alle Gemeinden und Einrichtungen müssen ihre Energiedaten erfassen. Die jährliche Treibhausgasbilanz ist dann verpflichtender Teil des Jahresabschlusses. Klimaschutz in der Landeskirche ist künftig „Querschnittsaufgabe“ der zuständigen Referate im Landeskirchenamt. Sie überwachen die Entwicklung anhand der erfassten Daten und passen gegebenenfalls die Maßnahmen des „Klimaschutzfahrplans“ an.

Investitionen werden von der Landeskirche künftig nur noch gefördert, wenn die Baumaßnahmen erstens nicht gegen die Ziele des Klimaschutzgesetzes verstoßen und zweitens Gebäude betreffen, die einem Immobilienkonzept zufolge über das Jahr 2035 hinaus erhalten bleiben. Diese Strategiekonzepte müssen die kirchlichen Rechtsträger bis 31. Dezember 2025 fertigstellen.

Ob Heizung oder Dienstreise: Von den Gesetzesvorgaben „kann in besonders begründeten Fällen“ nur nach Zustimmung durch das Landeskirchenamt abgewichen werden.

25.04.2024
ELKB/Susanne Schröder (epd)